Veröffentlicht am: 27. Januar 2022Von: Kategorien: PR

Es war einmal… Zahlreiche Geschichten und Märchen fangen so an. Und das hat einen Grund: Geschichten von Menschen bleiben eher im Gedächtnis als Fakten oder Aufzählungen von Informationen. Wer Methoden des Storytellings geschickt nutzt, verschafft sich für seine Produkte und Dienstleistungen mehr Aufmerksamkeit.

Geschichten sind überall. Das Leben schreibt sie, der Mensch liebt sie. Das ist sowohl im Privatleben mit Filmen, Büchern, Klatsch & Tratsch so, als auch im beruflichen Kontext. Menschen in der stationären Altenpflege erfahren die Lebensgeschichte der Bewohner:innen, Versicherungsmakler:innen, die Mandant:innen Zuhause besuchen, tauchen sofort in ihre Lebenswelt ein. Ist man doch eher derjenige, der im Büro die Stellung hält und über Zahlen brütet, dann sind die Storys zwar nicht auf den ersten Blick so sichtbar, doch sie sind da.

Warum sind Geschichten im Privaten und in der PR so wichtig?

  • Gute Geschichten fesseln und wir erinneren uns besser an den Inhalt.
  • Ist eine Geschichte glaubhaft, kann sie uns eher überzeugen als reine Fakten.
  • Geschichten wecken Emotionen, wenn sie „anspringen“, ist Aufmerksamkeit garantiert.
  • Gute Geschichten sind realistisch, die Rezipient:innen können sich die Handlung vorstellen.

Was ist Storytelling?

Die sozialen Medien liefern uns im Minutentakt neue, erzählens- und lesenswerte Storys. Was nun nicht heißen soll, dass eine reine Produktbeschreibung oder ein Beitrag zu einem neuen Mitarbeitenden schon automatisch Storytelling ist. Auch das bloße chronologische Nacherzählen der Unternehmenshistorie anlässlich des Firmenjubiläums erfüllt noch nicht den Tatbestand des Storytellings. Da muss schon ein wenig mehr kommen. Nämlich die gute, authentische und glaubwürdige Geschichte, inklusive Spannungsbogen und Wendung(en).

Gute und glaubwürdige Geschichten verkaufen besser als Fakten.

Definition

Storytelling (deutsch: „Geschichten erzählen“) ist laut dem Portal Onlinemarketing-Praxis eine Kommunikationsmethode zur Vermittlung von Informationen, Wissen, Werten, Meinungen etc. Es wird vor allem im Wissensmanagement, der Kinder- und Erwachsenenbildung, dem Journalismus, der Psychotherapie sowie in Marketing, PR und Werbung verwendet. In der klassischen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit werden somit nicht nur Informationen, sondern auch Emotionen vermittelt. Genau dort kann die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit helfen. Authentische Kommunikation ist das Brot- und Buttergeschäft der PRler:innen.

Storytelling in der Werbung

Die klassische Werbung hat das Storytelling schon früh entdeckt. Stellen Sie sich eine Fernsehwerbung vor, die lediglich Fakten vermittelt. Werbung, die zum Beispiel ein Auto allein mit technischen Daten beschreibt oder ein Frühstücksmüsli nur durch die Aufzählung der Zutaten anpreisen will. Das funktioniert nicht. Das Auto muss Emotionen wecken, schick und stylisch wirken. Das gelingt mit Storytelling. Das Auto wird kombiniert mit einer sympathischen, modernen Familie und einem knuddeligen Hund. Die Familie fährt in den Urlaub, ein Häschen läuft über die Straße, der Vater bremst, das Auto kommt sofort zum Stehen und der kleine Hase hoppelt unversehrt weiter über die Straße.

Nur wenige Minuten Werbefilm reichen aus, die Herzen der Zuschauer zu berühren. Die Menschen werden das Auto immer mit der netten Familie, dem süßen kleinen Hasen und besten technischen Möglichkeiten verbinden.

Geschichten über die Produkte erzählen

So wirken Geschichten: Ein Produkt wird in eine lebensnahe Story gepackt. Die Zuschauerin oder der Zuschauer ist zunächst passiv, sie oder er verfolgt die Handlung. Wenn die Geschichte gut erzählt wird, werden Emotionen geweckt und sie oder er kann sich in die Geschichte hineinversetzen. Die Zuschauerin oder der Zuschauer wird zur Hauptperson, sie oder er fährt das schicke Auto, bremst und rettet das Häschen. Sie oder er ist die Heldin oder der Held. Als Meister des Storytellings gilt Apple. Die Firma hat es mit einer intelligenten, auf Storytelling basierenden Marketingstrategie geschafft, ihre Produkte als cool und modern zu bewerben. Die Apple-Werbung vermittelt, dass jeder, der Luxus, Funktionalität und Coolness für sich beansprucht, Apple-Produkte haben muss. Diese Werbung hat ihre Wirkung erzielt. Sie sehen es auf einen Blick in Konferenzen, auf Messen, in angesagten Restaurants oder in der Bahn.

Auch Edeka setzt regelmäßig aufs Storytelling, um Kundinnen und Kunden zu erreichen.

Wie Storys wirken

Die Wirkung einer guten Story lässt sich auch an körperlichen Reaktionen ablesen. Gut zu beobachten ist das bei Kindern. Wenn Kinder zum Beispiel die Werbung mit dem Auto und dem Häschen sehen, kann die Angst, die sie um das Häschen haben, an Körperreaktionen gemessen werden. Ebenso das Aufatmen, wenn das Auto rechtzeitig bremst und das Häschen völlig unversehrt weiter hoppelt. Auch Erwachsene erleben solche Reaktionen, selbst bei unspektakulären Geschichten. Wenn Sie in der Fernsehwerbung ein leckeres Mittagessen sehen, kann es passieren, dass Ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft. Selbst, wenn es sich bei dem beworbenen Produkt eine einfache Bratensoße handelt, werden Sie sich an das gefühlte Geschmackserlebnis des leckeren Bratens mit frischem Gemüse und dampfenden Kartoffeln erinnern und die Soße damit in Verbindung bringen.

Storytelling in Hollywood

Hollywoodfilm Storytelling

Maßnahmen für die PR

Aber nicht nur in der klassischen Werbung funktioniert Storytelling. Sie kann sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit bestens entfalten. Die Welt der Pressemitteilungen, Anwenderberichte, Blogbeiträge und Social-Media-Posts ist prädestiniert für das Erzählen von Geschichten! Zudem ist die Öffentlichkeitsarbeit von ihrem Wesen her wesentlich authentischer und glaubwürdiger als die klassische Werbung. Deswegen sollten gerade in der Öffentlichkeitsarbeit für das Storytelling das Folgende gelten:

  • Erzählen Sie die Story Ihres Unternehmens.
  • Lassen Sie die Zuhörer:innen teilhaben an den Höhen und Tiefen, die Ihre Firma bis heute erlebt hat.
  • Erzählen Sie die Geschichte von der Gründung in der Garage bis zur Einstellung der hundertsten Mitarbeiterin.
  • Geben Sie Investitionen, Umsatzzahlen und Erträgen ein reales Gesicht.
  • Lassen Sie Zuhörer:innen oder Leser:innen Ihre Freude, Ihre Angst und Ihren Stolz miterleben.
  • Lassen Sie Kund:innen über Ihre Firma und Ihre Produkte erzählen.

Ein paar Erfolgsfaktoren für das Storytelling:

  • Die Geschichte ist es wert, erzählt zu werden.
  • Sie ist glaubwürdig und authentisch.
  • Sie wird kanalspezifisch angeboten.
  • Die Hauptfigur hat Charakter und Identifikationspotenzial.
  • Die Story spricht Herz und Hirn an.
  • Sie hat einen Spannungsbogen.

Geschichten in Serie statt Prime Time

Während Geschichte bis vor einigen Jahren zumeist in Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, im TV und Kino zu finden waren, sind sie heute mehr und mehr im Internet Zuhause. Die Rezipient:innen bestimmen selbst, wann und im welchem Umfang sie einem Kanal ihre Aufmerksamkeit schenken wollen. Die Selektion und der Konsum von Informationen haben sich verändert, darauf müssen Public Relations-Verantwortliche reagieren, ihre Art Geschichten aufzubereiten und zu erzählen anpassen. Ein Beispiel ist das Phänomen Serien: Anstatt sich regelmäßig zur Prime Time auf dem Sofa einzufinden und die Geschichten in den aktuellen Episoden zu verfolgen, sind viele Geschichtenliebhabende zu passionierten Seriengucker:innen geworden – und zwar dann, wann sie es wollen. Serien erzählen Storys in kleineren Sequenzen, die Nutzerinnen und Nutzer „erleben“ möglichst viel in möglichst kurzer Zeit.

Fallbeispiele statt allgemeiner Weisheiten

Bei einem PR-Instrument fällt es besonders leicht „Geschichten zu erzählen“: Das Fallbeispiel gewährt einen Blick auf reale Herausforderungen und Lösungen. Es wird so geschrieben, dass die Zielgruppe in die Situation eintauchen kann. Wichtigstes Kriterium ist auch hier die Glaubwürdigkeit. Ist der geschilderte Anwendungsfall nicht nachvollziehbar, kann der Text noch so schön sein, er wird die Leserinnen und Leser nicht überzeugen.

Je nach Sichtweise kann man der Pressearbeit bescheinigen seit jeher Storytelling zu betreiben. PR-Berater:innen helfen Journalist:innen, Storys auf die Spur zu kommen, bieten sie aktiv an und bereiten sie entsprechend auf. Das durchdachte und gezielte Geschichtenerzählen, das Befolgen jahrhundertealter Kriterien für gute und fesselnde Geschichte sowie auch das bewusste Zurücknehmen von werblichen Botschaften und Lobeshymnen über die Kundinnen und Kunden, das ist für viele PR-Schaffende nicht neu. Frei nach dem Motto: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

Storytelling in der PR

Sechs Faktoren für eine gute Story

1. Die Botschaft

Wenn Sie eine gute Story entwickeln wollen, fragen Sie sich zuerst, welche Botschaft Sie vermittelt werden soll.

2. Die Zielgruppe

Definieren Sie die Zielgruppe Ihrer Kampagne. Erst, wenn Sie wissen, wen Sie erreichen wollen, finden Sie die passende Art der Ansprache für Ihre Kundinnen und Kunden.

3. Die Authentizität

Entscheidend ist, dass Ihre Story glaubwürdig erscheint. Geschichten, die unecht wirken, erreichen die Kundinnen und Kunden nicht.

4. Die Hauptfigur

Widmen Sie der Entwicklung der Hauptfigur große Aufmerksamkeit. Übertreiben Sie dabei nicht. Nur, wenn sich die Zuschauer:innen mit der Heldin oder dem Helden der Geschichte identifizieren können, werden sie Interesse für die Marke oder das Produkt entwickeln.

5. Die Emotionen

Setzen Sie auf Emotionen. Nur, wenn die Kundin oder der Kunde positive Gefühle mit Ihrem Produkt verbindet, wird sie oder er es kaufen.

6. Die Struktur

Eine gute Geschichte braucht eine gute Struktur. Sie besteht aus einer Einleitung, einem Hauptteil und einem Schluss. Entwickeln Sie einen roten Faden und einen wirksamen Spannungsbogen. Wecken Sie in der Einleitung langsam die Neugier. Steigern Sie die Spannung bis zum Höhepunkt der Geschichte und lösen Sie die Spannung allmählich auf.

Fazit: Erfolg mit Storytelling

Mit Storytelling in der Öffentlichkeitsarbeit erreichen Sie mehr Menschen als mit herkömmlicher Werbung. Probieren Sie es aus! Wenn Sie eine wirksame Story entwickelt haben, können Sie immer wieder darauf aufbauen. Aber Achtung: Ändern Sie die Story nicht dauernd, das ist wenig authentisch. Storytelling schafft den Unterschied und ermöglicht Ihnen, sich von Mitbewerber:innen zu unterscheiden. Gute Storys machen Ihre Marke unverwechselbar.

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zum Autor

Julius Brockmann

Julius Brockmann ist PR-Berater in den Teams Gesundheit & Pflege sowie Konsumgüter & Dienstleistungen bei Sputnik. Vor seiner Zeit in der PR-Branche studierte er Medien und Politik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seit Anfang seines Studiums arbeitet er als freier Mitarbeiter für regionale Tageszeitungen sowie Special-Interest-Titel. Privat betreibt er den Blog www.ruhrwohl.de zu den Themen Food, Interior und Reise.