Wer exzellente Reportagen schreibt, beherrscht die Königsdisziplin des Journalismus. Im Kampf um die Krone ringen die besten Journalisten. Sie sind es, die die großen Reportagen für die Magazine Spiegel, Stern oder Geo schreiben.
Doch der Egon-Erwin-Kisch-Preis ist nicht schnell zu erhaschen; genauso wenig der Theodor-Wolff-Preis. Es sind die berühmtesten Journalistenpreise in der Kategorie dieser erstrebenswerten Textsorte. Dabei handelt es sich nicht um ein Kunstwerk, sondern um ein Stück Handwerk, das der Autor nach klaren Regeln aufbaut. Hier erfahren Sie alles über die Merkmale einer Reportage.
Das journalistische Auge: Reporter beobachten Situationen ähnlich wie Fotografen.
Doch der Egon-Erwin-Kisch-Preis ist nicht schnell zu erhaschen; genauso wenig der Theodor-Wolff-Preis. Es sind die berühmtesten Journalistenpreise in der Kategorie dieser erstrebenswerten Textsorte. Dabei handelt es sich nicht um ein Kunstwerk, sondern um ein Stück Handwerk, das der Autor nach klaren Regeln aufbaut. Hier erfahren Sie alles über die Merkmale einer Reportage.
Eine gute Reportage zeichnet sich durch eine Reihe wichtiger Merkmale aus. Während der Journalist eine Nachricht, einen Bericht oder ein Feature vom Schreibtisch aus recherchieren und schreiben kann, muss der Reporter für die Reportage am Ort des Geschehens gewesen sein. Dieses Erfordernis leitet sich aus dem französischen Wort „reporter“ ab, das „zurückbringen“ heißt: Der Autor bringt etwas für den Leser zurück.
Der Regisseur der Recherche streckt seine Fühler aus – denn wer suchet, der findet. Wer findet, sieht und sammelt. Gemäß dieser Arbeitsschritte, die der langjährige und bereits verstorbene Chefkorrespondent der Süddeutschen Zeitung Ulrich Kempski zusammengefasst hat, erfolgt der aufregende Gang der Recherche.
Beim Suchen und Sammeln ist die Beobachtungsgabe des Journalisten gefragt. Die Beobachtung erfolgt akribisch, aufmerksam und nachdenklich. Deshalb ist dafür Zeit nötig. Wer hier den rasenden Reporter bewaffnet mit Schreibblock und Stift in der Hand erwartet, wird überrascht sein. Der Autor einer guten Erzählung durchquert die Welt nicht im Eiltempo. Auch angelt er sich sensationelle Geschichten nicht im Vorbeigehen. Das ist das Klischee. Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Bei der harten Auswahl wirft der Reporter in der Regel 90 Prozent aller gesammelten Informationen in die Tonne. Dennoch hat das exakte Aufnehmen der zahlreichen Details einen Sinn. Wie auch bei einem Roman, merkt der Leser, ob der Autor nur oberflächlich schreibt oder mit Essenz. Ein gute Reportage sorgt daher für anschauliche Filmsequenzen im Kopf des Lesers. Wer eine Reportage schreibt, ohne am Ort, über den er berichtet, gewesen zu sein, verstößt gegen die journalistische Redlichkeit. Eine sogenannte „kalt geschrieben Reportage“ gehört deshalb in die unterste Schublade.
Das Besondere: Die Königsform aller Textsorten besteht aus einer Reihe von Elementen, die kennzeichnend für die Merkmale einer Reportage sind. Der Ort, über den der Verfasser der Reportage schreibt, ist außergewöhnlich: Es kann sich um einen besonders schwer zugänglichen Ort (Gipfel eines Berges), einen besonders gefährlichen Ort (Zuhältermilieu) oder um einen besonders unbekannten Ort (Umkleideräume des Krankenhauspersonals) handeln. Aus der Besonderheit ergibt sich eine Eigenheit, die entweder ungewöhnlich ist oder einen speziellen Blickwinkel (ein Familienvater, der sich als Avatar in der virtuellen Welt bewegt) widerspiegelt.
Die Wahrheit: Der Autor erzählt von wahren Begebenheiten, von Situationen und Erlebnissen, die wirklich stattgefunden haben. Er erfindet keine Personen oder denkt sich ein Interview aus, um seine Erzählung aufzuwerten. Eine Lügengeschichte verstößt gegen die journalistische Redlichkeit.
Das Neutrale: Der Verfasser spiegelt in der Reportage keine Urteile, Meinungen oder Spekulationen wider. Er kommentiert und wertet nicht. Seine Aufgabe ist, das Erlebte in seinen wichtigsten Details, die die Geschichte voranbringen, darzulegen. Der Leser soll Raum haben, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Die Präzision: Während der Beobachtungen arbeiten die Sinneseindrücke des Reporters auf Hochtouren. Diese Sinneseindrücke findet der Leser in der Reportage wieder: Geräusche, Düfte, Farben, Handlungen, Erlebnisse kommen hier mit größter Präzision zum Ausdruck und machen dem Leser die Geschehnisse anschaulich.
Der Aufbau hängt von der Länge der Reportage ab. Kurze Zeitungsreportagen bestehen manchmal nur aus drei szenischen Ankern, größere Textsorten brauchen mehr. Ein Standardaufbau kann folgendermaßen aussehen:
Einige wertvolle Zusatzinformationen sollten Sie beim Schreiben beherzigen, um die Merkmale einer Reportage richtig einzubetten.
Wie mit einem Zufallsfund umgehen? Der Zufallsfund bedeutet den ersten Einstieg in die Reportage. Er kann den ersten Satz bilden. Hier kann es sich beispielsweise um den empörten Aufschrei einer Person handeln oder eine eindeutige Handlung wie die einer Ohrfeige.
Wie die Spannung aufrecht erhalten? Wer alles schon im vorhinein verrät, erntet die Verärgerung des Lesers. Niemand will eine langweilige Geschichte lesen. Deshalb sollte sich der Autor überlegen, welches Detail oder Element er wann einsetzen will, um die Spannung langsam aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Wie den roten Faden behalten? Der rote Faden führt den Leser an das Ende der Erzählung. Mögen Nebenschauplätze noch so schön sein, sie sollten unerwähnt bleiben, wenn sie nichts zur Geschichte beitragen und diese nicht voranbringen.
Danke, Maik Porsch für diesen Beitrag. Gerade mitten in der Recherchephase meiner Journalismus-Prüfungsarbeit an der ‘Freien Journalistenschule Berlin’, bringt dieser Beitrag auf den Punkt, was bei einer Reportage wirklich wichtig ist. Ein Ausdruck des Artikels liegt ab jetzt auf meinem Schreibtisch!