Veröffentlicht am: 20. Februar 2017Von: Kategorien: Social Media

Rätselfrage zum Einstieg: Was geht ins Ohr und bleibt im Kopf? Vor allem autofahrende Berufspendler wissen, dass nicht etwa klebriges Oropax gemeint sind, sondern (richtig!) Radiowerbung. Was mir persönlich schon früh im jungen Jahr erst ins Ohr ging und dann tatsächlich im Kopf blieb: Das Karrierenetzwerk Xing fährt aktuell die größte Werbekampagne der Unternehmensgeschichte – unter anderem in Gestalt von (richtig!) Radiowerbung. Es verwundert nicht, schließlich macht das US-Portal LinkedIn, der ärgste Widersacher von Xing im deutschsprachigen Raum, mittlerweile gewaltig Druck!

Xing will es jetzt wissen

Radiospots, TV-Clips, digitales Bewegtbild, diverse Search-, Display- und Performance-Marketingmaßnahmen: Xing will es jetzt wissen. Das Thema der umfangreichsten Kampagne seit Gründung des Portals im Jahr 2003 lautet „New Work“, das neue Arbeiten.

Warum rudert die Networking-Plattform momentan so kräftig mit den Werbearmen wie nie zuvor? Die Antwort ist simpel: Der größte Mitbewerber von Xing, die US-Plattform LinkedIn, ist mittlerweile auch in Deutschland stark auf Erfolgskurs. Laut WirtschaftsWoche zählte LinkedIn Ende des vergangenen Jahres bereits neun Millionen Mitglieder im deutschsprachigen Raum. Damit sitzt die international ausgerichtete Plattform dem lokalen Konkurrenten Xing mit etwa elf Millionen registrierten Nutzern spürbar im Nacken.

Sommer 2016: 441.000 weitere Mitglieder für Xing

Bemerkenswert, dass Xing im vergangenen Sommer – unmittelbar nachdem der Software-Riese Microsoft angekündigt hatte, LinkedIn für rund 26 Mrd. Dollar übernehmen zu wollen – noch einmal kräftig zugelegt hat – um 441.000 Mitglieder wuchs das DACH-Portal zwischen Juli und September 2016.

Doch der Vorsprung gegenüber den Amerikanern schrumpft in der Langzeitbetrachtung: Vor etwa vier Jahren zählte Xing in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch rund doppelt so viele Nutzer wie LinkedIn.

Weltweit 450 Millionen Menschen bei LinkedIn vernetzt

Die US-Plattform erhöhte die Zahl ihrer User im deutschsprachigen Raum indes seit Anfang 2015 um drei Millionen Mitglieder. Weltweit sind 450 Millionen Menschen hier vernetzt. Es deutet sich an, dass in diesem Jahr eine entscheidende Phase im Wettstreit der beiden Netzwerke angebrochen ist. Die aktuelle, großangelegte Werbekampagne von Xing unterstreicht das.

Das US-Portal hat sozusagen zum Überholmanöver ausgeschert und das Gaspedal durchgetreten. Doch Xing erhöht ebenfalls die Drehzahl und lässt den Konkurrenten nicht kampflos passieren. Im Zuge der mittlerweile genehmigten Übernahme von LinkedIn durch Microsoft hat auch die EU-Kommission die Konkurrenzplattformen des US-Netzwerks zuletzt gestärkt und einige wichtige Spielregeln festgelegt: Demnach dürfen PC-Hersteller und Händler nicht gezwungen werden, LinkedIn in Windows vorzuinstallieren. Wenn ein Betriebssystem vorinstalliert ist, müssten Nutzer LinkedIn entfernen können. Immerhin ein Etappensieg für Mitbewerber wie Xing.

Welches Netzwerk bietet langfristig den größeren Nutzen?

Klar ist: Der Kampf wird sich anhand der Frage entscheiden, welches Netzwerk den deutschsprachigen Usern langfristig den größeren Nutzen, die besseren Kontakte bietet. Welchen Mehrwert kann Xing noch bieten, sobald auch hierzulande mehr Geschäftspartner, Kollegen, Freunde bei LinkedIn aktiv sind als bei Xing? Dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle zunehmend international ausrichten und die Zahl der persönlichen Geschäftspartner und Kollegen im Ausland daher eher zu- als abnehmen wird, spielt eindeutig dem weltweit etablierten Netzwerk LinkedIn in die Karten.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Man kann zumindest schon jetzt festhalten: Der Konkurrenzkampf hat beiden Netzwerken in der Vergangenheit inhaltlich nicht geschadet – zumindest aus Sicht der User. Die stetige Weiterentwicklung der Funktionalitäten hat den Nutzen beider Plattformen erhöht. Beispiele für jüngere Innovationen sind dabei jedoch vornehmlich auf Seiten des Verfolgers zu nennen: Seit letztem Sommer verfügt LinkedIn ebenfalls über ein deutschsprachiges redaktionelles Angebot nach dem Vorbild von Xing. Das Blogging-Feature „Pulse“ (seit Ende 2015 für DACH-User verfügbar) ermöglicht in LinkedIn zudem Einzelpersonen auf einfache Weise, mit eigenen Blog-Beiträgen ein großes Publikum zu erreichen.

Steigende Nachfrage nach Business-Netzwerken

Diese Entwicklungen haben vor allem LinkedIn zuletzt deutlich interessanter für die Kommunikation von – nicht nur international ausgerichteten – Unternehmen gemacht. Auch wir verzeichnen in der jüngeren Vergangenheit eine durchaus steigende Nachfrage rund um Kommunikationsaufgaben in Bezug auf Business-Netzwerke – ausdrücklich unter Einbezug von LinkedIn.

Mahnendes Beispiel StudiVZ

Doch was wäre, wenn sich der Trend dennoch in der aktuellen Geschwindigkeit fortsetzt? Es scheint mitunter nur eine Frage der Zeit zu sein, dass LinkedIn auch im deutschsprachigen Raum mehr Mitglieder zählt als der Lokalmatador und an ihm vorbeizieht.

Was nicht wenige Experten für diesen Fall prognostizieren: Eine Entwicklung wie beim einstigen Wettkampf zwischen facebook und dem Netzwerk-Ensemble aus StudiVZ, meinVZ und Schüler VZ. Die deutschen Networking-Plattformen rutschten von einer phänomenalen Mitgliederzahl von rund elf Millionen nach dem Siegeszug von facebook innerhalb weniger Jahre in die absolute Bedeutungslosigkeit ab.

Geht ins Ohr, bleibt im Kopf

Während die StudiVZ-Macher den Konkurrenten facebook damals augenscheinlich viel zu lange unterschätzt hatten, scheint sich Xing der drohenden Gefahr hingegen sehr bewusst zu sein. Gegenmaßnahmen gibt es viele. Man sollte den deutschsprachigen Dienst also definitiv noch lange nicht abschreiben. Und wenn es am Ende tatsächlich ein fortdauerndes Nebeneinander von Xing und LinkedIn geben wird, die Rundfunkstationen dürften sich über ein weiteres Positivbeispiel für ihren Claim freuen: Geht ins Ohr, bleibt im Kopf.

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zum Autor

Malte Limbrock

Malte Limbrock ist PR-Berater bei Sputnik. Er betreut als Branchenleiter vorwiegend Kunden aus dem Bereich IT & Telekommunikation. Außerdem leitet er das Sputnik Büro in Bonn. Malte Limbrock hat Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Politikwissenschaft studiert und „seit er denken kann“ journalistisch gearbeitet – bei Tageszeitungen, Nachrichtenagenturen, Online-Medien, Magazinen und im Rundfunk. Bei Sputnik ist er heute außerdem Ansprechpartner für internationale PR-Projekte.