History Communication führt in der Unternehmenskommunikation oft ein mauerblümchenhaftes Dasein. Doch Archive sind mehr als verstaubte Aktenberge im Untergeschoss von Unternehmenszentralen. Sie können das Fundament für die künftige Ausrichtung der Kommunikation bilden. Man müsse den Schatz der eigenen Unternehmensgeschichte nur bergen, sagt Matthias Koch, studierter Zeithistoriker und PR-Berater (DAPR), im Interview mit Tobias Patzkowsky.
Herr Koch, Historiker und Unternehmenskommunikation: Passt das aus Ihrer Sicht zusammen?
Nur bedingt. Das sagt mir zumindest meine Erfahrung. Historiker sind klasse Menschen, wenn es darum geht, Quellen zu sichten und auszuwerten, Unternehmensgeschichte systematisch zu erforschen. Sie sind aber sicherlich die Falschen, um Geschichte für die Öffentlichkeit greifbar zu machen. Das setzt eine redaktionelle Aufarbeitung voraus. Nach meiner Erfahrung sind Historiker keine geborenen Schreiber. Da sind Menschen mit redaktionellem Verständnis und journalistischer Schreibe gefragt. Das würde der History Communication sicher gut tun.
Ist das der Grund, warum History Communication in Unternehmen noch immer ein Schattendasein führt?
Soweit würde ich nicht gehen. Heute gibt es sicherlich schöne Beispiele, die zeigen, wie sich die eigene Geschichte für die Positionierung eignet. Zwei Beispiele dazu: Nach der Wiedergründung des einstmals größten Gitarrenherstellers Europas Framus – in den 1970er-Jahren war das Unternehmen pleite gegangen – ließ der Sohn des ehemaligen Firmeninhabers die Geschichte komplett aufarbeiten und eröffnete ein Firmen-Museum, das heute zur Route der Industriekultur zählt. Die Sparkasse Bremen zeigte mit einer History-Kampagne rund um die Böttcherstraße, die heimliche Hauptstraße Bremens, deren Erhalt die Sparkasse bis heute fördert, ihre Gemeinwohlorientierung. Sie zahlte immens auf das Markenimage ein.
Die Unternehmensgeschichte eignet sich zur Positionierung in Gegenwart und Zukunft
Das sind sicherlich Leuchtturmbeispiele: Woran scheitert die breite Unternehmenslandschaft bei History Communication?
In zahlreichen Unternehmen, sicherlich vor allem eher im Mittelstand, wo die Budgets für Kommunikation allgemein kleiner sind, geht der Wert der eigenen Geschichte im Alltag eher unter. Klar, man befindet sich in der x-ten Generation in einem Familienunternehmen und der Tradition sieht man sich verpflichtet, einen attraktiven Umgang mit Geschichte findet man aber selten.
Sie sprechen sicherlich die Chronik als meist gewähltes Instrument der History Communication an.
Das kann man so sehen. Unternehmen besinnen sich vielfach dann auf die History Communication, wenn ein Jubiläum vor der Tür steht. Dann ist die Chronik für viele zu allererst das Mittel der Wahl. History Communication kann aber mehr.
Nämlich was?
History Communication ist nicht nur eine einzelne Maßnahme im Rahmen der Aufarbeitung von Unternehmensgeschichte. History Communication bezeichnet ein Konzept, Geschichte und historische Themen aus dem Unternehmen als integralen Bestandteil der Unternehmenskommunikation zu fassen. Das Themenfeld schließt sowohl Aspekte der Markenbildung und Corporate Identity als auch Aspekte der klassischen Public Relations ein.